Zwischen zwei Welten

Am 16. Mai bekam ich Besuch aus Deutschland. Meine beste Freundin hatte sich dazu entschlossen, für ein paar Wochen bei mir vorbeizuschauen.

Es war ein seltsames Gefühl, sie nach fast 8 Monaten das erste Mal wieder am Flughafen zu sehen. Und in der Zeit, die sie mit mir verbrachte, hatten wir beide es auch nicht immer leicht. Es war das erste Mal, das ich bemerkte, dass der Guasmo vielleicht nicht jedem so gut gefällt wie mir. Und auch das erste Mal, das mir klar wurde, wie sehr ich zwischen zwei Welten lebe.
Zusammen versuchten wir das zu realisieren, was mir schon länger durch den Kopf ging: den Garten von mi cometa herzurichten.
Dieser Ort ist wohl der verkommenste der ganzen Musikschule; ein von Erde und Bauschutt durchzogener Müllhaufen. Beim Versuch daraus einen angenehmen Platz zu schaffen, durchkämmten wir den halben Guasmo nach Schaufeln (denn anscheinend hatte keiner meiner Freunde Schaufel oder Spaten im Haus), besorgten uns Müllsäcke und entsorgten diese schließlich mit Schutt und Erde gefüllt, in einer „Nacht und Nebelaktion“ (an irgendeiner Straßenseite -wie man das eben in Ecuador so macht)
Immerhin sind wir jetzt so weit, dass der ganze Müll und Bauschutt aus unserem „Garten“ verschwunden ist. Leider fehlt es noch an Gras (das scheint in Guayaquil nicht so einfach zu besorgen sein), Pflanzen und Erde.
Einen Baumarkt gibt es hier leider auch nicht. Das macht die ganze Gartenplanung nicht unbedingt einfacher. Ich bin aber zuversichtlich bis zum 10-jährigen Jubiläum Clave de Surs im August noch einen Schritt weiter in Richtung Garten zu machen.DSC00592 IMG_0017

Zur selben Zeit, zu der ich mit den Gartenplänen begann, beendete John sein selbst komponiertes Stück für den Aniversario. Dieses Stück sollte mit einer großen Gruppe gespielt werden, in der von Saxophon bis Akkordeon nahezu jedes Instrument besetzt wurde. Die Geigenstimme bestand aus zwei Violinen und es resultierte daraus automatisch, dass ich mit meinen Schülern eine Geigengruppe Gründen würde. Als ich zu Anfang mit meinem Unterricht in Clave de Sur begann, schien dies nahezu unmöglich, da 99% meiner Schüler komplette Neulinge an der Geige waren. Nun aber hatten sie schon deutliche Fortschritte gemacht und ich dient an mich für das Gruppenvorhaben zu begeistern. Zu Beginn kamen nahezu über zehn Schüler zur Gruppe!
Aber schnell wurde mir auch klar, dass das ganze Vorhaben nicht einfach war. John hatte sein Stück durchaus nicht kinderleicht gemacht und alleine die Intonation von zehn Geigenanfängern stellte eine Herausforderung für mich dar. Ganz davon abgesehen, dass mir von allen nahegelegt wurde, doch noch ein zweites Stück mit der Gruppe einzuüben. Irgendwann, mitten in einer ganz unglücklichen Probe, verschwand ich ins Infocentro und druckte das einfachste Geigenstück aus, das ich im Internet auf die Schnelle finden konnte. Das üben wir jetzt vorerst und wer dann am Ende wirklich in Johns Lied spielen wird, ist mir bisher ein Rätsel.

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Alan und ich

Mir ist aufgefallen, dass es manchmal die kleinen Dinge sind, die mein Leben hier so unschätzbar wertvoll machen. Wenn ich morgens aufwache und die Sonne scheint durchs Wellblechdach, wenn ich abends nach Hause komme und bis tief in die Nacht mit meinem Gastbruder rede, oder wenn ich in die Musikschule komme und es sind gerade die Menschen dort, mit denen ich Zeit verbringen möchte. Dann kommt mir auf dem Flur der Hund von Daniel und Ana entgegen oder der Sohn von Eloisa nennt mich „Mama“ – und alles sagt mir, dass ich hier hingehöre.

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Mein Bruder, Camilla und ich

Aber dann passieren auch manchmal lästige Dinge…, Dinge,die einen ärgern; die man nicht versteht oder nicht verstehen will. Warum ist es zum Beispiel so kompliziert mein Visum zu verlängern? Und warum habe ich das Gefühl, dass mir keiner wirklich dabei helfen will?
Manchmal, so denke ich mir, muss man einfach ziemlich viel Durchhaltevermögen zeigen. Und eines habe ich hier bestimmt gelernt: So schnell gebe ich nicht auf!

 

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